Nachhaltigkeitsstrategie HessenLernen und Handeln für unsere Zukunft

Vier Patenschaften für Artenvielfalt

Biologische Vielfalt ist die Voraussetzung für funktionierende Ökosysteme. Sie wiederum sind weltweit in ihrer Vielfalt und Vernetztheit die Grundlage allen Lebens – auch des menschlichen.

Jede und jeder kann zum Artenschutz und zur Wahrung der biologischen Vielfalt beitragen – besonders geeignet aber sind Betriebe und Unternehmen, die oft über ausgedehntere Liegenschaften und Betriebsgelände verfügen.

Vier Artenpatenschaften machen es hessischen Betrieben leicht, dazu beizutragen, die biologische Vielfalt in Hessen zu erhalten.

Das große Flattern: Hessische Betriebe machen mit beim Schutz der Fledermäuse

Viele Fledermausarten sind bei uns selten geworden. Sie pflanzen sich nur langsam fort: die meisten gebären jedes Jahr nur ein Junges – dafür können sie recht alt werden.

Von den etwa zwanzig heimischen Fledermausarten nutzen mehrere Gebäude als Quartiere – bei weitem nicht nur alte Gemäuer. So lange Ritzen und Spalten an Dächern oder hinter Fassadenverkleidungen vorhanden sind, spielt das Alter der Gebäude keine Rolle. In sogenannten „Wochenstuben“ leben oft größere Gruppen von Fledermaus-Weibchen zur gemeinsamen Aufzucht der Jungtiere.

Unter den etwa zwanzig heimischen Fledermausarten gibt es mehrere, die menschliche Gebäude als Quartiere nutzen. Dies sind entgegen verbreiteter Vorurteile keineswegs alte Gemäuer. Es sind Baulichkeiten jeder Art, sofern sie nur Ritzen und Spalten an Dächern oder hinter Fassadenverkleidungen aufweisen, hinter denen sich die Tiere verstecken können. In sogenannten „Wochenstuben“ leben oft größere Gruppen von Fledermaus-Weibchen zur gemeinsamen Jungenaufzucht.

Gerade Zwerg- und Breitflügelfledermäuse bevorzugen Gebäude; dort genügen ihnen Spalten und Hohlräume von nur zwei Zentimeter Breite, um sich wohlzufühlen. Mehr dazu erfahren Sie in der Broschüre auf Seite 11. Solche Gebäudemerkmale spielen im Lebenszyklus der Fledermäuse eine wichtige Rolle – und sie lassen sich leicht erhalten oder schaffen.

Was können Betriebe zum Schutz der Fledermäuse beitragen?

Die Sicherung aller Lebensfunktionen muss im Jahreslauf gewährleistet sein: Fledermäuse benötigen ungestörte Quartiere zum Überwintern, geeignete Sommerlebensräume mit ausreichender Insektennahrung und geeignete Wochenstuben-Quartiere.

  • Auf bunten Blumenwiesen, in „wilden Ecken“ oder an einem kleinen Teich auf dem Betriebsgelände entwickelt sich rasch ein reiches Insektenleben mit Schmetterlingen, Käfern und anderen Kerbtieren – damit ist der Tisch gedeckt für unsere Fledermäuse.
  • Bei Gebäudesanierungen (z. B. zur Wärmedämmung) auf Fledermäuse achten – und vorhandene Quartiere schützen. Hinweise geben beispielsweise kleine trockene Kotkrümel auf dem Boden unter einer „Fledermauswohnung“.
  • Bei Fassadenverkleidungen auf „Insektenschutzgitter“ zumindest abschnittsweise verzichten.
  • Laden Sie Fledermäuse ein: durch den Einbau von Niststeinen in Gebäudefassaden oder durch das Aufhängen von Fledermauskästen.

Übrigens: Fledermäuse haben auch in ihrer Lebensweise mit Mäusen nur entfernte Ähnlichkeit. Sie nagen weder Gänge noch bauen sie Nester. Sie verursachen daher keine Schäden an Gebäuden.

Informationen und Kontakt

„Fledermausfreundliches Haus“
NABU: Petra Gatz
06441 6790425
Fledermaus@NABU-Hessen.de

Gemeinsam unter einem Dach: Hessische Betriebe machen mit beim Vogelschutz

Wir müssen nicht mehr unbedingt aufs Land, um Vögel in der Natur zu erleben! Auch urbane Räume wurden und werden immer intensiver von Vögeln als Lebensraum genutzt. Denn das Vogelleben ist in der Stadt mitunter leichter als auf dem Land. In punkto Artenvielfalt rangieren Städte weit oben.

Zudem sind viele hessische Städte „ergrünt“. Wald, Park- und Grünanlagen sowie Gärten sind auch für die Menschen in der Stadt wichtige Rückzugs- und Erholungsräume. Auch viele (Vogel-)Arten fanden als Siedlungsfolger im menschlichen Lebensumfeld neue Lebensmöglichkeiten. Bei vielen Arten kommt das im Namen zum Ausdruck. Sie belegen, dass diese Arten schon lange Haus und Hof mit Menschen teilen: Hausrotschwanz und Turmfalke, Mauersegler (Haussegler), Mehlschwalbe (Hausschwalbe) oder Dohle (Turmrabe).

Gebäude werden von zahlreichen Vogelarten als (Teil-)Lebensräume genutzt. Je nach Alter, Architektur und verwendeten Baumaterialien können Bauwerke durchaus als Felsbrutplatz-Ersatz für Vögel dienen. Gerade in Städten sorgen aber auch großflächig verspiegelte Glasfassaden (Anflugverluste), die energetische Sanierung von Gebäuden (Brutplatzverlust) oder auch eine naturferne Gestaltung von Freiflächen (Versiegelung) für Probleme. Welche Arten bei uns vor allem an Gebäuden und deren Umfeld vorkommen, erfahren Sie in unserer Broschüre ab Seite 19.

Wie können Betriebe zum Vogelschutz beitragen?

Betriebsanlagen sind keine lebensfeindlichen Bereiche, sondern gerade für gebäudebrütende Vogelarten interessant. Gestalten Sie Ihr Betriebsgelände vogelfreundlich!

Glas und Licht

Ja, vogelfreundliche Lösungen sind nicht ganz einfach, wenn man nicht auf Glas verzichten will oder kann. Wenn transparente Flächen an exponierten Stellen nicht zu vermeiden sind, ist es extrem hilfreich, die Durchsicht zu reduzieren. Wirkungsvoll sind flächige Markierungen oder der Einsatz halbtransparenter Materialien. Die gerne genutzten schwarzen Raubvogel-Silhouetten sind weniger wirksam; besser sind Punkte, Raster und Linien. Ziehen Sie im Zweifel Fachleute zu Rate.

Durchziehende Zugvögel können nachts durch Lichtquellen in die Irre geleitet werden; gerade bei Schlechtwetter- und Nebellagen werden sie vom Licht angezogen, kommen vom Kurs ab oder verunglücken an Hindernissen wie Hochhäusern oder Leuchttürmen. Ein Abschalten von Lichtquellen in potenziellen Gefahrenbereichen während der Vogelzugzeiten ist zielführend und spart Energie.

Energetische Maßnahmen

Im Zuge des Klimaschutzes werden aktuell viele Fassaden und Dächer gedämmt und energetisch ertüchtigt. Gerade hier finden Vögel (und Fledermäuse) jedoch in Ritzen und Nischen „Wohnraum“. Deshalb müssen bei Sanierungsarbeiten Naturschutzbelange beachtet werden: Weder dürfen Nester mit Eiern oder Jungvögel entfernt noch die Brutvögel am Ein- und Ausflug gehindert werden. Daher sind die Brutzeiten der Vögel für derartige Arbeiten zu beachten. Ganz einfach lassen sich bei der Sanierung Ersatz-Niststätten für Vögel und Fledermäuse durch spezielle Einbausteine in der Dämmung schaffen.

Fassaden- und Dachbegrünung

Die Begrünung von Dächern, Wänden, Mauern, Zäunen oder Fassaden ist eine hervorragende Möglichkeit naturnahe Flächen und Kleinlebensräume in dicht bebauten Straßenzügen, Innenhöfen und auf Betriebsgeländen zu schaffen. Vögel suchen gerne im Schutz eines dichten Fassadenbewuchses ihren Nist- und Brutplatz. Das gilt für Freibrüter, die Hecken, Sträucher und Bäume bevorzugen, wie für Halbhöhlenbrüter. Rankpflanzen, wie zum Beispiel Wilder Wein, bieten einigen Vogelarten energiereiche Nahrung. Aber auch der Mensch profitiert von einer Fassadenbegrünung durch jahreszeitlich wechselnde Farben (Blätter, Blüten, Früchte) und windbewegtes Laub.

Wilde Ecken und Wasserstellen

Nicht mehr zeitgemäße Ordnungsvorstellungen stehen häufig einer ökologischen, vielfältigen Freiflächengestaltung entgegen; Rasenflächen sind noch immer die Regel. Doch schon etwas mehr Unordnung kommt Artenschutz und Biodiversität zu Gute. Bereits das Anlegen eines Falllaubhaufens und das Aufschichten eines Reisighaufens helfen weiter. Wasserstellen werden von Vögeln gerade in heißen Sommermonaten gern zum zum Baden und Trinken genutzt.

Lebendige Hecken

Hecken sind bewährte naturnahe Grundstücks-Einfriedigungen. Sie können aber auch Vernetzungselemente im Betriebs- oder Siedlungsraum und »Brücken« zur freien Landschaft bilden. Hecken sind für Vögel Neststandort, Nahrungsraum und Unterschlupf, aber auch Ansitz- und Singwarte. Hecken können sich - auch im Kontext eines Betriebsgeländes - zu regelrechten (Klein-)Biotopen entwickeln: In einer mehrschichtigen Hecke mit angrenzenden Altgrasstreifen und integrierten Steinhaufen können nicht nur Vögel, sondern auch viele andere Tierarten leben.

Informationen und Kontakt

Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland
Steinauer Str. 44
60386 Frankfurt am Main
069 4201050
info@vswffm.de

Artenreich und bunt: Hessische Unternehmen machen mit beim Schutz von Bienen und anderen Insekten

Über 80 Prozent unserer Kultur- und Wildpflanzen benötigen eine Fremdbestäubung, um sich fortzupflanzen und Früchte zu tragen. Diese Aufgabe erfüllen im wesentlichen Bienen – ihr Schutz ist daher entscheidend, um die Erfüllung dieser buchstäblich lebensnotwendigen Aufgabe sicherzustellen. Von mehr als 20.000 Bienenarten weltweit sind in Deutschland rund 560 heimisch. Die Wissenschaft schätzt, dass bestäubende Insekten weltweit eine Wirtschaftsleistung von 153 Milliarden Euro erbringen.

Wie können Unternehmen zum Schutz der Insekten beitragen?

  • Wildwiesen anlegen: Wiesen mit heimischen Blühmischungen und Insektenhotels schaffen Lebensräume für Bienen und Co.
  • Vielfältige Fauna: Freiflächen mit heimischen Bäumen, Sträuchern und bienenfreundlichen Stauden bepflanzen. Bestäubende Insekten finden so vom Frühjahr bis in den Herbst hinein reichlich Nahrung.
  • Pestizideinsatz vermeiden  
  • Entspannung für Mensch und Biene: Blühende Erholungs- und Entspannungsecken mit und für Mitarbeitende im Außengelände schaffen
  • Informieren: Bei Veranstaltungen Themen, wie Biodiversität und Dienstleistung der Bestäuber, vorstellen
  • Produzieren: Bienenstöcke auf dem Betriebsgelände aufstellen und (selbst produzierten) Honig oder Blühmischungen mit Informationen zu geeigneten Anlässen (zum Beispiel zu Jubiläen oder Weihnachten) verschenken
  • Kooperieren: mit dem örtlichen Imkerverein (Betreuung der betriebseigenen Bienenstöcke), der regionalen Naturschutzgruppe oder dem regionalen Umweltzentrum zusammenarbeiten

Informationen und Kontakt

ANU-Hessen
c/o Naturschutzhaus Weilbacher Kiesgruben
Frankfurter Straße 74
65439 Flörsheim

Zur Website

Stadt Hanau
Umweltzentrum Hanau
Ph.-August-Schleißner-Weg 2
63452 Hanau

Zur Website

Weiterführende Links

Netzwerk Blühende Landschaft

Blühkalender der Initiative Frankfurt summt!

Projektvorstellung Naturnahe Firmengelände

Kröten und Molche schützen: Hessische Tagebaubetreiber machen mit beim Schutz von Amphibien

Die Rohstoffgewinnung schafft Strukturen, die für das Überleben vieler Amphibienarten in Hessen herausragende Bedeutung hat. Denn in aktiven und ehemaligen hessischen Gewinnungsstätten für Steine, Kies, Sand und Ton finden einige früher verbreitete Amphibienarten inzwischen ihr letztes Refugium:

Geburtshelferkröte

Sie lebt in Hessen fast ausschließlich in in Betrieb befindlichen oder aufgelassenen Steinbrüchen. Sie braucht felsig-steinige Landlebensräume und verschwindet, sobald diese Flächen zuwachsen; mit Blick auf das Laichgewässer ist die Art anspruchslos.

Gelbbauchunken, Kreuzkröten und Wechselkröten

Diese Arten schätzen zum Laichen möglichst frisch entstandene, stark besonnte Kleingewässer (zum Beispiel Radspuren, Restwasserlöcher, Tümpel). Nur dann sind Fressfeinde wie Molche oder Libellenlarven noch nicht vor Ort und die Kaulquappen haben eine Chance sich zu entwickeln.

Laubfrosch, Kammmolch und die Wasserfrösche

Sie bevorzugen etwas ältere Gewässer mit bereits vorhandenen Ufer- und Wasserpflanzen und sowie sonnigen, flachen Uferbereichen.

Biotop Gewinnungsstätten

Wassergefüllte Fahrspuren oder Mulden in der Steinbruchsohle sind für Amphibien wahre Paradiese. Sie schätzen vegetationsfreie Rohbodengewässer. Pionierarten, wie Gelbbauchunken, Kreuz- und Wechselkröten, sind für ihr Überleben und ihre Fortpflanzung darauf angewiesen. Im laufenden Betrieb entstehen solche Gewässer immer wieder neu: Auf staunassem oder lehmigem Untergrund führt die Bodenverdichtung mit schweren Fahrzeugen zu kleinen Tümpeln oder Fahrspuren, die sich dann mit Regenwasser oder Hang- sowie Entwässerungswasser füllen. Auf diese Weise wird in derartigen Ersatzlebensräumen die natürliche Dynamik ursprünglicher Lebensräume in dynamischen Flussauen imitiert.

Informationen und Kontakt

Hessen-Forst (kostenlose Fachberatung)
Servicezentrum Forsteinrichtung und Naturschutz
Dipl.-Biol. Christian Geske
0641 4991263
naturschutzdaten@forst.hessen.de